Die
Bauarbeiter waren nicht die einzigen, mit denen ich teilte. Als sich
herumsprach, dass ich gehen würde, fragte mich JEDER, den ich traf nach einem
kleinen Geschenk. Mich hat das ziemlich frustriert. Zwei kleinen Jungs, die
mich ständig begleiten gab ich Geld für Sandalen. Aber ein paar Stunden später
kamen sie an und wollten Geld für ein Telefon. Ich hab mich dazu hinreißen lassen,
aber einfach so Geld geben ist nicht gut für das Selbstbewusstsein des
Begünstigten. Der andere bettelt. Ich habe gebe, er nimmt. Aber im Geiste
verachtet er mich dafür, dass die Welt ungerecht ist und ich mehr Geld habe als
er und ihn dazu „gezwungen“ habe, sich in diese unterwürfige Position zu
bringen.
Besser ist es
jemanden für sich arbeiten zu lassen. Und wenn es nur symbolisch ist. Wenn man
nun als Tourist dorthin kommt, ist das natürlich etwas schwierig. Was ich aber
gemacht habe: ich habe beispielsweise meinem haitianischen Begleiter Geld gegeben,
das er dem Schuhputzer geben kann. Dieser hat dann nicht von mir, der Weißen,
eine beträchtliche Summe fürs Schuhputzen bekommen sondern von einem Landsmann.
So ist das Gleichgewicht hergestellt und der Schuhputzer hatte einen
glücklichen Tag.
Auch die
Brüder lassen für sich arbeiten. Und wenn es nur das symbolischen putzen des
verstaubten Autos ist. Aber die so können die vielen Bedürftigen, die das Haus
der Brüder aufsuchen, guten Gewissens das Essen oder die wenigen Gourden
annehmen.
Ich machte
noch ein Interview mit Frère Guerrier in der Schreinerei. Er ist der
verantwortliche Bruder. Ein Mann kam auf ihn zu. Seine Frau bekomme gerade ein
Baby, ob der Bruder ihn zum Krankenhaus fahren könnte. Am Mittagstisch erzählt
er mir, dass die Frau ihr Kind schon auf dem Weg zum Krankenhaus bekam. Das
Auto hatte an der Straße gehalten. Da hier überall Menschen herumspazieren,
haben sich schnell gleich mehrere Hebammen gefunden, die die Frau begleiteten.
Ein kleines Mädchen
hat wieder das Licht der Welt erblickt.
Nachmittags
spazierte ich noch zum Haus von Dwaronsise. Ihre Schwester war gerade dabei zu
Kochen. Das machte sie, wie gewöhnlich vor dem Haus. Als ich ankam wurde mir
sofort ein Stuhl hingestellt, wie das hier so üblich ist. Ich setzte mich also
zu ihr und schaute ihr einfach bei ihrer Arbeit zu. Die Menschen hier teilen
ihren Alltag miteinander. Da alles draußen passiert, sieht man jeden, der
vorbei kommt. Man grüßt sich, bleibt stehen, schwätzt miteinander. Man hilft
sich. Dann ist die Arbeit auch nur halb so schwer, weil sie zum Alltag
dazugehört und gemeinsam erledigt wird. Wenn die Bauern das Feld hacken, dann
stehen sie zu viert oder zu fünft in einer Reihe und bewegen sich gleichzeitig
wie eine Maschine. Das ist schön anzusehen. Wenn die Frauen kochen, dann sitzen
sie draußen. Eine Nachbarin sitzt dabei und erzählt, die Schwester hilft. Wer
müde ist, setzt sich für einen Moment hin. Dann geht es weiter. Ich erinnere
mich, dass ich oft 6 Stunden ohne Pause arbeite und abends erschöpft nach Hause
komme. Hier wird stattdessen immer ein bisschen gearbeitet, doch alles passiert
ruhiger. Anders ginge es auch nicht bei den klimatischen Bedingungen.
Das erscheint
mir sehr gesund.
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