Donnerstag, 22. März 2012

Grenzgang

In der letzten Woche befanden Neckel und ich uns im haitianischen Gebirge, um hier ein Fotoprojekt zu realisieren. Es war ein grandioses Erlebnis, wo wir manchmal an unsere Grenzen gegangen sind. Ohne Antibiotika hätte ich das nicht durchgestanden. Aber CiproHexal hat aus mir einen neuen Menschen gemacht und so konnte die Geschichte beginnen.

Wie alle Leute in Beau Séjour, die wir auf unseren stundenlangen Märschen treffen, leben auch wir in einem Haus aus Palmenbrettern. In unserem Haus gibt es weder Wasser noch Strom. Dafür haben wir ein Plumpsklo und waschen uns im Eimer. Der Boden unter unseren Füssen besteht aus nackter Erde. Auf das Blechdach trommelt jeden Abend der Regen und Neckel und ich, die wir uns das Bett teilen, fragen uns manchmal, ob es nicht irgendwo durchsickern könnte. 
 
 (Unser Haus mit Wäsche, Foto: N. Scholtus)
(Mme Yvan, ihr kleines Kind Yslin und eine Haushaltshilfe, Foto: N. Scholtus)

Es ist Regenzeit hier und dazu befinden wir uns auf knapp 1000 m Höhe. Das bedeutet, dass wir uns oft in einem Dunstnebel befinden, es schnell kühl wird und unsere Kleider nie richtig trocken werden. Aber die Not macht erfinderisch und wir finden für alles eine Lösung.

 
(Die Kinder bekommen von uns Luftballons, Spielzeuge sind hier rar, Foto: N. Scholtus)

Dank des Generators, der uns abends den Raum erhellt und uns etwas Strom liefert, können wir mit der ganzen Familie haitianische Musikclips anschauen, die ein Freund des Hauses auf seinem tragbaren DVD-Player abspielt. 
  (Bei schönem Wetter wird draussen gekocht, sonst im kleinen Schuppen nebenan; Foto: N.Scholtus)


 Die Familie besteht aus Yvan, dem Hausherr, seinem Bruder Jackson, der Hausherrin Mme Yvan und ihrer Schwester Yvette. Dann gibt es da noch die drei Kinder und die beiden Patenkinder Gerlin und Wilfried. Und Joël, der Hausfreund ist auch öfters da. Dann ist da noch eine junge Frau, die im Haushalt hilft, aber nicht dort schläft. Und wir zwei. 

(Von links nach rechts: Gerlin, Ketlen, Yvan, Mme Yvan, Evenson, Yvlis, Wilfried; Foto: N. Scholtus)
Ungefähr 10-12 Leute, die jeden Tag essen möchten. Und das brauchen wir auch, denn jeden Tag laufen wir 5 – 6 Stunden über Stock und Stein mit den schönsten Berglandschaften so weit das Auge reicht. Immer in Begleitung von Jackson, der uns auf den Wanderungen viel von Haiti und seiner Kultur erzählt. Selbst wenn wir manchmal am liebsten stehen bleiben würden, gibt es doch keine andere Möglichkeit als weiter zu den entlegenen Schulen zu laufen denn die schmalen Bergpfade mit Kletterpartien erlauben es keinem motorisierten Gefährt hier zu verkehren. Nur die große Straße von Palmiste à Vin nach Beau Séjour ist letzte Woche fertig geworden. Gerade zwei Tage vor unserer Ankunft. Mal wieder haben wir ein riesiges Glück und müssen nicht, wie frühere Besucher, 3-4 Stunden mit dem Gepäck zum Dorf laufen.
Wie wenige andere Weiße, bekommen wir einen sehr persönlichen Einblick in das einfache Leben der Bauern hier mit allen Freuden und Entbehrungen. Wir verstehen, warum Jugendliche mit 13 Jahren noch in die 2. Klasse gehen und wie es ist, wenn das Essen knapp wird. Wir freuen uns mit der Hausherrin, wenn einmal das Radio geht und wir zur Musik tanzen oder lachen, wenn die ganze Familie losstürmt um die entlaufenen Hühner einzufangen. Ganz besonders und ganz intensiv.

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