Mittwoch, 14. März 2012

Demokratie in den Kinderschuhen

Heute Morgen saß ein Bruder der Petits Frères de St. Thérèse mit seinem Radio am Frühstückstisch und lauschte konzentriert den Worten des Sprechers. Wenig später wurde angeregt diskutiert und als wir heute die Schulen in Carrefour, einem Randbezirk von Port au Prince besuchten, waren viele Schüler nicht anwesend, aus Angst der Eltern vor Unruhen.
Was war geschehen?
(Der beim Erdbebe
(Der beim Erdbeben eingestürzte Palast, nach 2 Jahren ist immer noch kein Geld für den Aufbau da)
Nachdem der Premierminister vor 2 Monaten bereits aus politischen Gründen abgedankt hatte, soll nun auch der Präsident nicht mehr regieren. Die Opposition hat herausgefunden, dass Präsident Michel Martelly, der mehrere Jahre in den USA gelebt hat, auch noch einen weiteren Pass und damit eine zweite Identität besitzt mit dem Namen Michael Martelly.
Nach haitianischem Gesetz gibt es jedoch keine doppelte Staatsbürgerschaft. Wer ein politisches Amt bekleiden will, muss haitianischer Bürger sein. Michel Martelly handelte also mehrfach strafwidrig: er besitzt zwei Identitäten und hat seinen amerikanischen Pass verheimlicht. Ob er weiterhin Präsident bleibt, ist unklar. Möglicherweise wird ein Interimspräsident eingesetzt bis es zu Neuwahlen kommt.
Wie kam es, dass ein Popsänger Präsident werden konnte?
Das haitianische Volk, das sich aus verschiedenen Sklaven zusammensetzte, war immer von starker Hand regiert. Die patriarchale Hierarchie begann mit den weißen Kolonialherren , ging über zu den schwarzen Revolutionären ab 1804 und wurde später von hunderten von Diktatoren weitergeführt. Ohne einen funktionierenden Staat, konnten neue Staatsstreiche nicht unterbunden werden. Die Armee war das Recht.
Staatsfehlen, bedeutet vor allem, dass es keine Legislative gibt und jeder machen kann, was er will. Was fehlt, ist die starke demokratische Bewegung aus dem Volk.
Momentan ist es aber noch schwierig bei der hohen Analphabetenzahl ein demokratisches Bewusstsein zu entwickeln. Das Land ist noch nicht vorbereitet.
Martelli, der Sänger, ist vor allem bei den jungen Leuten beliebt. Die Texte seiner Lieder sind zwar vulgär aber damit demonstrierte er Stärke, die die Menschen in dieser fragilen Situation brauchen.  „Es ist ein Land, in den Kinderschuhen der Demokratie“, sagt mir ein Bruder. Wie es weiter geht mit der Politik bleibt also spannend.

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