Samstag, 7. April 2012

Gretchenfrage


Weil wir oft bei katholischen Brüdern leben, sind wir natürlich auch einmal in einen katholischen Gottesdienst gegangen. Hierbei handelt es sich um ein kulturelles Event, das die gesamte Gesellschaft einbezieht. 

Am Ende des zweistündigen Gottesdienstes, zu dem mindestens 300 Leute kamen, wurde getanzt, getrommelt und gefeiert. 
Jeder Kirchgang wird zum Event. Zur Kommunionsfeier werden Obstkörbe und ein echter Hahn auf dem Kopf balancierend in die Kirche getanzt, zur Beerdigung kommt die ganze Stadt.
 
Ansonsten gibt es noch einen recht hohen Anteil von Adventisten,  Protestanten und Evangelisten. Letztere laufen gerne trommelnd durch die Gegend oder rufen lautstark zum Gebet.
Neben alle dem gibt es natürlich auch den Voodoo, den die afrikanischen Vorfahren aus ihrer unterschiedlichen ethnischen Hintergründen mitgebracht hatten.  Die verschiedenen Sprachen und Bräuche Afrikas mischten sich weiterhin mit dem christlichen Glaube der Kolonisatoren. Diese verboten den Voodoo, förderten aber auch nicht die Christianisierung, der ihnen zu egalitär erschien. Weil Tempel zerstört und Priester getötet wurden, versteckten die Sklaven ihren Glauben hinter dem christlichen und gaben ihren Geistern die Namen von katholischen Heiligen.
Da der Glaube an die Geister gut mit dem Glauben an einen Gott vereinbar ist, werden die Religionen heute miteinander kombiniert. Gott ist da, aber falls er doch einmal fehlen sollte, sind immer noch die Voodoo-Geister da, die einen zusätzlich vor dem Verlust der Arbeitsstelle oder vor Krankheiten schützen. Am 1. November, dem Tag der Toten, wird noch einmal um einen Schutz für das kommende Jahr gebeten. Der Voodoo dient neben der Abwehr auch dem Angriff und als Rache für eine begangene Tat. Und selbst die Präsidenten bedienen sich der Magie, sowie Jean Claude Duvalier, der seine Macht mit Hilfe der Voodoo-Priester behauptete.
Natürlich sieht man auch hier einen direkten Zusammenhang zur Politik. Wenn der Staat fehlt, der die eigenen Rechte wahrt, müssen sich die Leute anderweitig schützen. Wenn ein Verbrechen begangen wurde, es aber keine Justiz gibt, um den Täter zu bestrafen muss eine andere Möglichkeit gefunden werden, um Gerechtigkeit zu erlangen.
Wenn ein Kind krank wird, sagt man, ein Werwolf habe seine Seele gefressen. Die Eltern gehen mit dem Kind zu einem Voodoo-Priester (Ugan) oder einer Priesterin (Mamboo), welche das Kind von den bösen Geister befreien und einen Fluch gegen den vermeintlichen Ãœbeltäter aussprechen. Wirklich verständlich wird mir dieses Verhalten, wenn wir 3 Stunden über schmale Bergpfade zum nächsten Dorf laufen. 
 
Die Kranken müssen dieselben Wege auf einer Trage zum nächsten Arztr transportiert werden. Klar versucht man es da erst einmal mit einem Wunderheiler aus in der Nachbarschaft.
Eine Voodoo-Session findet in einem Tempel unter der Leitung des Priesters oder der Priesterin statt.  Die Anhänger suchen den Kontakt zu einem oder mehreren Geistern mit denen sie sich verbunden fühlen, um einen Kontakt zur nicht-sichtbaren Welt zu bekommen. Die Anhänger fallen bei der Trommelmusik in Trance und nehmen den Charakter „ihres“ Geistes an und damit auch seinem Gesang und Tanz. 
Die Anwesenden singen ihre Gesänge und bekommen im Laufe einer bis zu mehreren Tagen andauernder Versammlung eine Aufgabe (z.B. das Baden in einer Quelle) nach der sie sich gereinigt und gestärkt fühlen.
Möglich ist, dass sich jemand während der Zusammenkunft in ein Tier verwandelt. Auch Hexen wurden schon gehört, als sie über die Häuser flogen. Die Leute, mit denen ich spreche kommen aus den verschiedensten sozialen Schichten und doch sagen alle, diese Dinge existierten auf jeden Fall.  Aber sie schenkten dem keine Beachtung, weil es ihnen Angst mache.
Möglich ist es auch für seinen Hahn einen Zombie zu kaufen. Man geht dann mit seinem Hahn zum Ougan, der ihm zusätzliche Kräfte für den Hahnenkampf verleiht.
Wahrscheinlich gibt es noch viele andere Formen, um die Voodookräfte zu nutzen. Eine ganze bunte und laute Form haben wir gestern erleben dürfen: den Rara. Aber davon später mehr.

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