Freitag, 6. Mai 2011

Ankunft in Haiti

Seit gestern Abend bin ich in Haiti und es kommt mir vor, als wäre ich schon sehr viel länger hier. Aber Zeit hat sowieso seine Bedeutung verloren. Hier geht es um das Leben im Hier und Jetzt.
Nach einer nicht zu enden scheinenden Reise, kamen wir schließlich doch am winzigen Flughafen in Port au Prince an. Ich war erstaunt, wie alles funktionierte und wie sehr sich die Wirklichkeit von den Bildern unterschied, die die Medien so gerne zeigen, wenn sie mal wieder die Entwicklungspolitik kritisieren, wenn sie Bilder von Zelten zeigen, die auch ein Jahr nach dem Erdbeben immer noch unverändert da stehen. Dass sie 10 Jahre vor dem Erdbeben auch schon so da standen, begriff ich erst, als wir mit dem Auto vom Flughafen nach Rivière Froide, einem Stadtteil von Port au Prince, gefahren wurden.
Die Hauptstadt bewohnen ca. 2,5 Millionen Menschen, so genau weiß das aber keiner. Ich hatte das Gefühl mindestens die Hälfte davon auf jener abendlichen Autofahrt durch die unendlichen Vorstädte angetroffen zu haben. Obwohl es ab 18 Uhr schon stockdunkel ist, sind die breiten Straßen noch voller Mofas, kunstvoll bemalter Busse aber vor allem sind es die Menschen, die die Straßen füllen. Da werden Dinge gekocht und verkauft, allerlei Straßenhändler bieten ihre Ware feil, die sie auf ihrem Kopf tragen, Kinder springen Seil oder spielen andere Spiele. Die Straßen haben solche Löcher, dass selbst die Achsen unseres Geländewagens hier brechen würden, weswegen dann die Autos größere Ausweichbögen über die Gegenfahrbahn machen müssen. Wo diese ganzen Menschen wohnen, kann man sich kaum erklären, sicher aber in den vielen winzigen Hütten, an den Berghängen Port-au-Princes. Durch das Erdbeben wurden viele diese kleinen, nicht erdbebensicher gebauten Baracken zerstört und durch Zelte ausgetauscht. Aber auch die Stadtteile, die nicht vom Erdbeben betroffen waren, sehen kaum anders aus. Und so wundere ich mich, wie diese Leute, die augenscheinlich in Blechhütten wohnen, ihre leuchtend bunten Kleider, so sauber und neu halten. Es scheint mir, als hätten sie jeden Tag einen besonderen Anlass um sich schön zu machen und aus Haltung und Gesichtsausdruck sprechen Stolz und die den Haitianern eigene Fröhlichkeit.
Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass man vom dem Erdbeben auf den ersten Blick nur noch wenig Zeichen sieht. Die Leute mit den nötigen Mitteln haben ihre Häuser längst wieder aufgebaut.
Dass Haiti trotzdem immer noch Hilfe braucht ist unumstritten. Aber es ist eine andere Art von Hilfe. Es geht hier weniger um Wiederaufbau sondern Hilfe zum Aufbau.
Und das muss in erster Linie auf politischer Ebene passieren. Aber dazu bald mehr.

Bei unseren Projektpartnern, der Glaubensgemeinschaft „Petits Frères des St. Thérèse“ in Port au Prince, werden wir mit der für Haitianer üblichen Herzlichkeit empfangen, durch die man sich willkommen fühlt.

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