Freitag, 20. Mai 2011

Haitianischer Alltag

Die Haitianer

Als Angehörige unterschiedlicher afrikanischer Stämme sind die Bewohner Haitis allesamt von dunkler Haut und doch der regional verschiedenen Herkunft völlig unterschiedlich.

Das Essen
Die traditionelle Küche in Haiti ist sehr gesund. Man isst sehr viel gekochtes Gemüse, Reis, Bohnen, Yam, Kartoffeln, Süßkartoffeln, Kochbananen. Weder Brot noch jegliche industrielle Produkte kommen auf den Tisch und Zucker nimmt man in Form von Obst zu sich. Davon gibt es aber reichlich! Über den ganzen Tag verteilt isst man frische Mangos, Bananen und Orangen, die man vom Baum am Wegesrand pflücken kann.

Das Geld
Die Währung in Haiti sind haitianische Gourden. Interessanterweise wird aber in Haiti-Dollars gerechnet, einer Währung, die nur auf dem Papier existiert. Im Geschäft, bei der Marktfrau, in der Bank bekommt man den Preis in dieser fiktiven Währung genannt und muss im Kopf umrechnen, um anschließend in Gourden zu bezahlen.

Die Fortbewegungsmittel
Alle öffentlichen Verkehrsmittel sind in privaten Händen. Wer es sich leisten kann, kauft sich ein Gefährt, das künstlerisch bemalt wird und in welchem er dann die Leute in der Gegend kutschiert und sich damit etwas verdient. Durch die Straßen von Port-au-Prince schieben sich unzählige der bunten, umgebauten Pickups, alten Schulbusse und die Lastwagen mitsamt deren Passagieren inklusive von Säcken voll Mehl, Getreide oder auch Beton als Gepäck.

Die Bildung
In Haiti gehen mittlerweile ca. 50% aller Kinder im Grundschulalter zur Schule. Damit liegt die Bildungssituation Haiti weit zurück im Vergleich mit anderen lateinamerikanischen Ländern. Bis jetzt ist Bildung nicht kostenlos und selbst das Niveau der Privatschulen ist untragbar. Vier Klassen werden in einem Raum von einem Lehrer unterrichtet, der als einziger ein Buch besitzt. Oft sind keine  Tische vorhanden. Dass viele Kinder trotz Schulbesuch Analphabeten bleiben, ist deshalb nicht verwunderlich. Die Analphabetenrate liegt bei ca. 48%. Nur knapp 2% der jungen Leute schließen eine höhere Schule ab, woraus sich unter anderem die schlechte medizinische Versorgung ergibt.

Die medizinische Versorgung
Auf die ca. 9 Mio Einwohner Haitis (die Zahlen variieren stark) kommen 2.330 Ärzte. Lebt man z.B. in Gros Cheval, wo ich letzte Woche war, ist der nächste Arzt ca. 3 Stunden (mit dem Auto) entfernt. Linienbusse gibt es nicht. Wer zum Arzt muss und kein Auto findet, mit dem er mitgenommen wird, hat kaum andere Möglichkeit als sich mit Naturheilmitteln  zu helfen.

Die Bevölkerungsdemographie
Die Lebenserwartung liegt unter anderem wegen der medizinischen Versorgung bei 55 Jahren. Eine haitianische Frau bekommt im Durchschnitt 5 Kinder bei einer hohen Sterblichkeitsrate von 54%. Wegen diesem steten Nachwuchs bemisst sich das jährliche Bevölkerungswachstum auf ca. 2,3%.

Die Abholzung
Die hohe Bevölkerungsrate von 299 Einwohnern pro km (zum Vergleich Luxemburg mit 183/km²) trägt dazu bei, dass die hauptsächlich landwirtschaftlich arbeitenden Bewohner Haitis, ihre große Familien kaum ernähren können. Immer mehr Land wird brandgerodet. Deshalb gibt es in Haiti mittlerweile weniger als 2% Wald. Noch in den 60ern waren es 20%, weil die Kaffeeproduktion den Schatten von Bäumen brauchte. Als der Weltmarktpreis von Kaffee fiel, wurden stattdessen lieber die Felder gerodet und Yam, Maniok und Kartoffeln angebaut.
Die durch die Brandrodung entstandene Holzkohle wird zu einem guten Preis verkauft. Der entstandene Ackerboden ist nur das erste Jahr nach der Brandrodung fruchtbar, aber dem dritten Jahr ist er wertlos. Auch andere Böden, die nicht brandgerodet wurden, werden mit der Zeit ausgelaugt. Wegen dem hohen Bedarf, wird dem wenigen Boden pro Familie keine Zeit gelassen um sich zu erholen. Er wird trocken und kann den jährlichen Zyklonen nicht standhalten.

Wasserversorgung
Problematisch ist das für die Wasserversorgung. Die Bäume, die das Wasser durch ihre Wurzeln in den Boden leiten würden, fehlen nun. Ohne die schützenden Bäume und Pflanzen prallt das Regenwasser auf die trockene Erde und schwemmt sie mit sich, so dass nur der nackte Stein übrig bleibt. Regen und Erde werden zu gefährlichen Flutwellen, die das Land überschwemmen. Die Lebensgrundlage Wasser wird zur tödlichen Gefahr.
Trotz der Fluten wird das Wasser in Haiti knapp.
Ohne die leitenden Wurzeln der Bäume kommt der Regen nicht mehr im Boden an, die Quellen versiegen und die Flüsse trocken aus. Daraus erfolgt, dass die Felder nicht bestellt werden können und sich die Nahrungssituation weiter verschlechtert.

Urbanisierung
Weil auf dem Land die Versorgung nicht gewährleistet ist und es vor allem kaum Arbeitsplätze gibt, versuchen viele Haitianer in der Hauptstadt unterzukommen. Von den ca. 9 Mio. Haitianern lebt über ein Drittel in Port-au-Prince in der Hoffnung dort zu mehr Reichtum zu kommen. Die einst schöne Stadt wird zum Slum, in dem das Leben unerträglich wird. In dem Menschen sich kaum ernähren können und in Zelten und Hütten leben. Ohne Wasser, Strom, Sanitäranlagen oder Müllbeseitigung. Ab da geht es dann nur noch ums Überleben von dem heutigen Tag auf den staubigen Straßen Port-au-Princes.

Das Klima
Gerade in Port-au-Prince ist das Klima kaum auszuhalten. Es ist drückend heiss, zum Atmen ist die Lust zu dick und jeder Schritt wird zur Anstrengung. Obwohl die Autos ausnahmslos Geländewagen sind, kommt man auf den holperigen Straßen kaum vorwärts. Das und der ewige Stau bedingen, dass man für alles Stunden einplanen muss.
Auf dem Land ist es dafür recht angenehm. Die kühle Luft von Meer und die Höhe der Berge lassen das einen die feuchtwarme Atmosphäre sehr viel besser ertragen.

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