Montag, 8. Februar 2010

die deutschen und die schweizer


bevor ich in die schweiz kam, hatte ich nicht gewusst, dass die schweizer die „dütschen“ nicht mögen. in den ersten tagen hemmte mich dieses wissen und ich traute mich kaum etwas zu sagen, um mich durch meine sprache nicht zu outen. schnell legte ich das aber ab und versuchte es den schweizern in ihrer höflichkeit gleichzutun, was mir erst jetzt nach drei monaten wirklich gelingt.
was ist es, was die schweizer nicht mögen? schwierig zu sagen.

zum einen liegt es an der deutschen übermacht. deutschland wir oft als der grosse kanton gezählt. jährlich kommen 75'400 deutsche in die schweiz um hier vor allem im gastgewerbe und in der pflege zu arbeiten oder akdemische berufe anzunehmen. vor allem als sich die gesetzesregelung zum personenfreizügigkeitsabkommen im juni 2007 (liberalisierterer zugang zum inländischen Arbeitsmarkt) (http://www.europa.admin.ch/themen/00500/00506/00519/index.html) änderte, gab es eine regelrechte schwemme von arbeitskräften aus dem norden. monatlich kommen 2 bis 3000 deutsche einwanderer in die schweiz, im lieblingskanton zürich sind 50% der einwanderer deutsch. im jahr 2008 lebten rund 250'000 einwanderer aus dem nördlichen nachbarland in der schweiz. (http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/01/07/blank/dos/la_population_etrangere/intro.html)
die deutschen bringen natürlich ihre eigene kultur in die schweiz und wirken damit oft arrogant. positiv wird der unterschied in der schnellen und organisierten arbeitsweise gewertet. mittelmäßig bis negativ werden die direktheit und die fehlende zurückhaltung wahrgenommen. zwischenzeitlich bemerkte ich, wie ich aufgrund dieses vorurteils manchmal einen sarkasmus zu tage legte.

dann ist es auch unsere sprache, die die schweizer stört. in der schule werden die kinder dazu angehalten „schriftdeutsch“ zu sprechen. als formale sprache, steht sie dadurch für zwang und arbeitswelt und wird im alltag tunlichst vermieden. gerade das saubere hochdeutsch klingt für schweizerische ohren als hochnäsig und arrogant. oft spürt man, wie sich der gegenüber distanziert, wenn er einen hochdeutsch sprechen hört. andererseits wird der klägliche versuch der deutschen, schwietzerdütsch zu sprechen, nicht immer mit wohlwollender geduld angenommen. die deutschen sind eben zu anders.

weiterhin befindet sich die schweiz auch in einer krise. natürlich ist die arbeitslosigkeit mit 3,7 % noch längst nicht so hoch wie in deutschland (7,8%) (http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeitslosenstatistik), aber sie ist doch zu spüren. konservative parteien, wie die schweizerische volkspartei (svp) haben es da natürlich leicht mit einfachen erklärungen einen schuldigen dafür zu finden. wer nimmt den schweizern die arbeitsplätze weg? natürlich die deutschen, die sich hier breit machen. dass die krankenhäuser ohne die deutschen ärzte und krankenschwestern leer werden, wird ausgeblendet.
wer mit einem deutschen kennzeichen durch die gegend fährt, kann pech haben und dafür von der strasse gedrängt werden, wenn nicht noch schlimmeres.
„die deutsche lawine rollt“, lese ich in einer boulevard-zeitung und bekomme für einen moment ein mulmiges gefühl.
wie kann es sein, dass ich ausnahmslos freundlich aufgenommen werde und die svp, die für die minarettinitiative berühmt wurde, doch so stark ist, frage ich mich. ist es eine falsche freundlichkeit?
eine mögliche antwort könnte sein, dass es die svp mit guter rhetorik und engagement schafft ihre wähler zum urnengang zu mobilisieren. in einer direkten demokratie lebend, ist der schweizer bürger dazu angehalten ca 4 oder 5  mal im jahr seine meinung über verfassungsänderungen und volksabstimmungen durch ein kreuz kundzutun. doch dieses recht nehmen immer weniger staatsbürger wahr und so liegt die wahlbeteiligung bei 50%. die meinung der urnengänger wird dann zur volksstimme hochgerechnet.
ich bin gespannt, wie es weiter geht!

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