Samstag, 19. Dezember 2009

die schweizer

man sagt sie seien langsam.

mir kam ein anderes adjektiv in den sinn um die art der menschen hier zu beschreiben.

für mich sind die schweizer ARTIG.

sie machen alles richtig. so steigen die fahrradfahrer vom velo ab um über einen der vielen zebrastreifen zu spazieren. die autofahrer hingegen warten schon vor dem fußgängerüberweg sobald man sich auf 5 meter distanz dazu befindet. kommt man also nur in die nähe, warten die schweizer geduldig ab, bis man die straße überquert hat.

zur hier zelebrierte gegenseitige korrektheit kommt eine fast schon vornehme höflichkeit dazu. zuvorkommend erahnen die schweizer, was der andere möchte und versuchen einander behilflich zu sein. sie nehmen sich zurück und ziehen es vor einen moment geduldig zu warten als ihr „gutes recht“ durchzusetzen. da wird lieber nach guter alter schweizer manier verhandelt als gekämpft.

die ruhe schlägt sich aber keinesfalls negativ auf die lebensfreude und den lockeren umgangston aus. ob im supermarkt, bei der post in der kneipe. auch der busfahrer plaudert über das mikrophon mit seinen fahrgästen. denn: ein freundlicher small-talk gehört dazu, oder wenigstens ein gruß auf der straße.

die leute in diesem kleinen land gehen so miteinander um, als ob sie sich alle kennen würden. bis vor der einwanderungswelle vor ein paar jahren war das auch fast noch so. dadurch kommt selbst in den städten so etwas wie ein dorf-feeling auf.

ein beispiel zur verdeutlichung: stellen wir uns einmal vor, wir träten in das dampfbad des baarer schwimmbads. beim eintreten in diese stickige hitzer, könnten wir nur schemenhaft andere badegäste erkennen und müssten uns erst einen moment an die luft gewöhnen um uns dann in diesem nebligen raum einen platz auf den treppen zu suchen. dann würden wir nebeneinander schwitzen und schweigen.

ein schweizer jedoch tut auch das MITeinander. indem er schon beim hereintreten in die dampfwolke grüßt, schaffen er seiner stimme – und damit sich selbst- einen raum. er hat etwas gesagt, ist präsent und falls er noch einmal das wort erheben wollte wird es ihm viel leichter fallen, sich zu äußern. durch das ritual des grüßens ist er teil der schwitzenden gemeinschaft geworden. er ist nun kein unbekannter mehr und grüsst deswegen auch beim verlassen mit einem „schönen abig“.

mir hilft diese umgangsform mit anderen ins gespräch zu kommen. wenn ich schon einmal gegrüßt habe, kann ich mit leichtigkeit noch einen zweiten satz anhängen und schon bin ich im gespräch.

ich mag es. es macht das leben ein klein wenig leichter, offener und freundlicher und kostet nicht viel.

1 Kommentar:

  1. +++ Andreas Thiel über schweizerische Schätze der

    Konsenskultur

    Die Weltwoche - Schweiz. Die Deutschen mögen die Schweizer, doch wegen eines Missverständnisses: Sie halten die Schweizer für freundlich, wobei diese bloß höflich sind, meint Andreas Thiel in der Weltwoche: "Unsere ausgeprägten Höflichkeitsformen erlauben es uns, in der Schweiz trotz kultureller und sprachlicher Unterschiede friedlich zusammenzuleben. Die schweizerische Höflichkeit dient dem Frieden, der Stabilität und somit dem Wohlstand. Der Deutsche, der unsere Höflichkeit mangels besseren Wissens persönlich nimmt, ist sofort begeistert von der Schweiz. Bleibt er hier, wird er aber bald mit der Distanz konfrontiert, die die Höflichkeit von der Freundlichkeit unterscheidet. Er trifft auf eine Reserviertheit, die er nicht erwartet hat. Auch merkt er, dass er bei den Schweizern nicht ankommt. Trotz freundlicher Gesinnung mangelt es ihm an Höflichkeit. Es fehlt ihm sowohl der freundliche Umgangston wie auch die nötige Distanz." (13.01.2010) +++
    http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2010-02/artikel-2010-02-schaetze-der-konsenskultur.html

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